Presseerklärung der Fraktion DIE LINKE. Die PARTEI zur Situation im Solinger Jobcenter: Radikaler Sparkurs auf dem Rücken der Schwächsten durch den Zuständigkeitswechsel der Betreuung junger Menschen ab 2025

Karin Seilheimer-Sersal, Jacqueline Kiefer

Nach zahlreichen Meldungen und Presseberichten sowie des Berichts 4381/2023 vom 22.08.2023 aus dem Solinger Jobcenter im Sozialausschuss ist ab 2025 im Rahmen der beabsichtigten Sozialsparpläne der Bundesregierung eine Überführung von jungen Menschen vom Sozialgesetzbuch (SGB) II ins SGB III vorgesehen.

Das bedeutet, dass junge Menschen unter 25 Jahren im Bürgergeldbezug aus dem Verantwortungsbereich des Jobcenters in den der Agentur für Arbeit wechseln. Das Inkrafttreten der veränderten Zuständigkeiten ist für den 01.01.2025 vorgesehen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) will zeitnah dazu eine entsprechende Gesetzesinitiative vorlegen.

Der Hintergrund ist, dass die Bundesregierung plant, durch verschiedene Maßnahmen auch im BMAS massive Einsparungen vorzunehmen. Um Kosten zu reduzieren, soll die Betreuung von Menschen unter 25 Jahren von den steuerfinanzierten Jobcentern in die versicherungsfinanzierten Agenturen für Arbeit umgeschichtet werden.

Diese Änderung der Zuständigkeit führt jedoch zu tiefgreifenden Problemen, zumal Fachverbände und Institutionen in diesen Prozess fachlich nicht eingebunden sind. Vor allem hat dies Auswirkungen für sozial benachteiligte und individuell beeinträchtigte junge Menschen im Bürgergeldbezug, mit vielfältigen Problemlagen und in schwierigen Lebenssituationen. Auch ist hier der ganzheitliche Ansatz gefährdet.

Die Betreuung der Agentur für Arbeit im SGB III konzentriert sich nämlich auf die Berufsberatung und Arbeitsvermittlung. Strukturell gibt es dort keinerlei Erfahrung in der Betreuung besonderer Zielgruppen und es sind keine Unterstützungsstrukturen vorhanden. Die jungen Menschen bleiben damit unterversorgt und können nicht mehr erreicht werden.

Da die Jobcenter zudem kommunal verankert sind, brechen hier die vorhandenen Strukturen und die entwickelten Angebote weg. Die Stadt Solingen ist seit dem Jahr 2012 zudem eine so genannte Optionskommune. Diese arbeitet eigenständig und in alleiniger Trägerschaft bei der Grundsicherung und der Eingliederung in Arbeit. Dabei wurde ein umfangreiches Netzwerk aufgebaut. Bei einem Zuständigkeitswechsel dieser Art besteht die Gefahr, dass so ein Netzwerk zusammenbräche.

Es haben sich bereits zahlreiche Fachverbände, Institutionen und ebenso der Deutsche Städtetag gegen dieses Vorhaben der Bundesregierung einhellig massiv ausgesprochen. Der Solinger Ältestenrat hat vom Sozialausschuss zudem den Auftrag erhalten für die Fraktionen im Rat eine Resolution zu erarbeiten.

Karin Seilheimer-Sersal, Sachkundige Bürgerin und Sprecherin im Sozialausschuss für die Fraktion DIE LINKE. Die PARTEI in Solingen erklärt hierzu: „Es ist nicht hilfreich, wenn die Bundesregierung für Sparmaßnahmen im Haushalt ausgerechnet bei den Schwächsten kürzt, nämlich bei den jungen Menschen, und ihnen ihre berufliche Zukunft damit verbaut, zumal Fachkräfte dringend benötigt werden. Besser werden die zur Kasse gebeten, die zahlungskräftig sind, die aber derzeit ihre Ersparnisse lieber ins Ausland bringen. Viele verstehen nicht, dass unsere Gesellschaft eine Solidargemeinschaft ist und nur so funktionieren kann. Es ist nicht hilfreich, wenn sich jeder nur die Taschen vollmacht und Schwächere dabei auf der Strecke bleiben.“

Carsten Heinrichs, Sachkundiger Einwohner im Sozialausschuss für die Fraktion, fügt hinzu: „Als Beispiel für Solingen nenne ich hier Aquaris. Das ist eine Fördermaßnahme des Kommunalen Jobcenters in Solingen, die bei ‚Wir in der Hasseldelle‘ angegliedert ist. Jugendliche werden hier ans Arbeitsleben herangeführt, indem sie den Coppelpark für eine Aufwandsentschädigung in Ordnung halten. Die Jugendlichen lernen hier etwas für ein Entgelt als Vorbereitung auf eine Lehrstelle und die Stadtgesellschaft erhält eine Leistung. Nach der geplanten Änderung durch die Bundesregierung wird es Aquaris nicht mehr geben. Die Zukunft der Jugendlichen bleibt dann ungewiss und die Sozialarbeiter:innen werden arbeitslos.“

Seilheimer-Sersal befürchtet zudem, dass es bei dieser geplanten Sparmaßnahme im Bundeshaushalt nicht bleiben wird. Es ist durchaus denkbar, dass noch weitere folgen werden und dann auch das erfolgreiche Konzept der Optionskommune mit allen Konsequenzen in Frage gestellt wird.